9. März 2018

Die Rettung Jan Wellems

Das Ziel aller Touristen, die Düsseldorf besuchen, ist die Altstadt und dort der Marktplatz vor dem Rathaus mit seinem mächtigen Reiterstandbild des Kurfürsten Jan-Wellem. Meist übersehen sie ein viel kleineres, etwas abseits stehendes Standbild, das einen Handwerksjungen darstellt. Es handelt sich um die Bronzefigur eines Gießerjungen, dem die Düsseldorfer großen Dank schulden, denn der Legende nach hat er das Reiterdenkmal erst möglich gemacht.

Kein Geringerer als der in Düsseldorf geborene Dichter Heinrich Heine hielt diese Legende in seinem Werk »Ideen. Das Buch Le Grand« auf ewig fest, in dem er schrieb:

»Aber mein Ruhm schläft jetzt noch in den Marmorbrüchen von Carrara, der Makulaturlorbeer, womit man meine Stirne geschmückt, hat seinen Duft noch nicht durch die ganze Welt verbreitet, und wenn jetzt die grünverschleierten, vornehmen Engländerinnen nach Düsseldorf kommen, so lassen sie das berühmte Haus noch unbesichtigt und gehn direkt nach dem Marktplatz, und betrachten die dort in der Mitte stehende, schwarze, kolossale Reuterstatue. Diese soll den Kurfürsten Jan Wilhelm vorstellen. Er trägt einen schwarzen Harnisch, eine tief herabhängende Allongeperücke – Als Knabe hörte ich die Sage, der Künstler, der diese Statue gegossen, habe während des Gießens mit Schrecken bemerkt, daß sein Metall nicht dazu ausreiche, und da wären die Bürger der Stadt herbeigelaufen, und hätten ihm ihre silbernen Löffel gebracht, um den Guß zu vollenden – und nun stand ich stundenlang vor dem Reuterbilde, und zerbrach mir den Kopf: wieviel silberne Löffel wohl darin stecken mögen, und wieviel Apfeltörtchen man wohl für all das Silber bekommen könnte?«

Vermutlich bleibt die Frage des großen Dichters für immer unbeantwortet. Tatsächlich soll aber an der Legende viel Wahres enthalten sein.

Im Jahr 1711 erhielt der italienisch-flandrische Bildhauer im Rang des Hofstatuarius Gabriel de Grupello den Auftrag zur Schaffung eines Reiterdenkmals des amtierenden Kurfürsten Johann Willhelm von der Pfalz, den die Düsseldorfer liebevoll seit vielen Generationen nur Jan Wellem nennen. Leider hatte er wohl das Material für die Schmelze zu knapp bemessen, sodass der erste Guss misslang und wieder eingeschmolzen werden musste. Doch auch der zweite Guss drohte zu misslingen. Darauf soll der Gießerjunge losgelaufen sein, um bei den Schaulustigen um Materialspenden zu bitten. Die durchaus großzügigen Düsseldorfer gaben ihm Ringe und Ketten, liefen schnell nach Hause, um Teile ihres Tafelsilbers und anderes Metall zu holen.

Der Gießerjunge warf die Spenden kurzerhand in die Schmelze, was Grupello befürchten ließ, dass der Guss durch die unfachmännische Beimischung nun endgültig verdorben sei. So erntete der Junge statt einem Lob für seine Initiative auch noch eine gehörige Tracht Prügel.

Als man aber die Gussform öffnete, zeigte sich zur Überraschung des Meisters, dass die Bronze von hervorragender Qualität gelungen war. Der Meister sah die ungerechte Behandlung seines Lehrjungen ein und gestaltete als Wiedergutmachung die Figur eines Gießerjungen, die er auf dem Dachfirst seines Wohnhauses anbrachte, ziemlich genau an der Stelle, an der auch heute die Statue des Gießerjungen steht. Leider ist Grupellos originale Darstellung nicht mehr erhalten, doch spendete der Heimatverein der »Düsseldorfer Jonges« im Jahr 1932 eine neue Figur, die uns noch heute an diese Geschichte erinnert.

Wenn Sie also die Stadt Düsseldorf besuchen und vor dem Reiterdenkmal stehen, empfehlen wir von DUESSEL AQUA, den Blick einmal nach Links zuwenden. Denn dort, wo die Zollstraße einen schmalen Durchgang zum Rhein gewährt, steht auf einem Mäuerchen der Gießerjunge, der Jan Wellem einst rettete.

Übrigens fragt in Düsseldorf heute niemand mehr danach, wie viele Apfeltörtchen diese Rettung einst gekostet hat.

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