15. Juni 2019

Wie in einem mediterranen Palast

Wer vom Düsseldorfer Carlsplatz kommend durch die Hohe Straße spaziert sieht bald ein mächtiges Gebäude im Stil des Neorenaissance unter einer auffälligen weißen Glaskuppel. Es handelt sich um das Ständehaus, das heute das K21, die Gegenwartskunst aus der Kunstsammlung des Landes Nordrhein-Westfalens, beherbergt.

Nachdem ein Brand das Düsseldorfer Stadtschloss 1872 zerstört hatte, benötigten die preußischen Provinzialstände ein neues Parlaments- und Verwaltungsgebäude. Als dieses Ständehaus von 1876 bis 1880 errichtet wurde, hatten die Bauherren tatsächlich die Blickachse im Sinn, die sich auch heute noch von der Hohe Straße aus bietet. Es galt, den Bau in die nach der Schleifung der alten Befestigungsanlagen entstandene und vom königlichen Gartendirektor Maximilian Friedrich Weyhe (1775-1846) entworfene Parklandschaft einzubetten. Aus dem von der südlichen Düssel gespeisten Grabensystem der alten Festung wurde im Zuge der Arbeiten der Schwanenspiegel und der Kaiserteich. 1884 besuchte Kaiser Wilhelm der I. und Kaiserin Augusta das Ständehaus. Im Innenraum des Hauses durfte der hohe Besuch eine aus Gips geformte Figurengruppe »Vater Rhein und seine Töchter« des Bildhauers Karl Jansen bewundern. Aus dieser bloßen Festdekoration entstand 1897 die aus Bronze gegossene Brunnenskulptur, die auch heute noch den Vorplatz des Ständehauses eindrucksvoll ziert.

Lange blieb das Gebäude nicht in dem Zustand, wie ihn sich der Architekt Julius C. Raschdorff (1832-1914) vorgestellt hatte. Zwischen 1895 und 1913 wurden immer wieder Umbauten notwendig und 1943 brannte das Ständehaus nach einem Bombenangriff bis auf die Außenmauern aus. Als der Wiederaufbau von 1947-1949 erfolgte und der Plenarsaal des Landtags des neu gegründeten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen errichtet wurde, musste aus Platzgründen auf den vormaligen Innenhof verzichtet werden. Nachdem der Landtag 1988 in den am Rhein errichteten Neubau umzog, stand das dann wieder sanierungsbedürftige Ständehaus für einige Jahre leer.

1996 begannen die umfassenden Umbauten des Ständehauses in das architektonische Erlebnis, wie es sich heute als Heimat moderner Kunst bietet. Der Innenraum wurde dabe auf die Große des einstigen Innenhofes reduziert. Umkränzt wird die von Licht durchflutete Halle mit ihren weißen Wänden von umlaufenden Galerien, historischen Treppen und Säulen. Wer das Gebäude betritt, fühlt sich augenblicklich in einen mediterranen Palast versetzt. Bei aller Modernität und Schlichtheit wurde das Ziel des späteren Berliner Dombaumeister Raschdorff, den Stil eines Palazzi aus der italienischen Renaissance aufzugreifen, perfekt erreicht.

Nicht Wenige werfen schon vor dem Erwerb eines Tickets ihren Kopf in den Nacken und blicken von der Piazza des Innenraums im Erdgeschoss nach oben zur riesigen Kuppel aus Glas und Stahl, die das Ständehaus heute krönt. Form und Große der Kuppel entsprechen ungefähr dem ursprünglichen Dach des Gebäudes. Aufgrund der großzügigen freien Fläche und der gebotenen lichten Höhe, ist im Dachgeschoss eine Ausstellungsfläche für großformatige Skulpturen entstanden, die im gebotenen Tageslicht eine ganz besondere Wirkung ausüben. Zudem bietet sich in alle Himmelsrichtungen ein einzigartiger Blick über die Dächer der Stadt. Unerschrockene wagen sich sogar auf das in 25 Meter Höhe gespannte, 2.500 qm große, Netz der vom Künstler Tomás Saraceno geschaffenen Rauminstallation »in orbit«.

Neben den Exponaten der Kunstsammlung NRW auf den einzelnen Etagen finden im Ständehaus immer wieder Sonderausstellungen von Weltformat statt. Diese haben in der Regel im sehr variabel gestalteten und immerhin sechs Meter hohen Untergeschoss ihre Ausstellungsfläche. Dort bietet sich, sollte bei all der hochkarätigen Kunst und atemberaubenden Architektur etwas Erholung angesagt sein, durch einige Bullaugenfenster ein Blick entlang des Wasserspiegels des Kaiserteichs. In Augenhöhe mit den darauf schwimmenden Enten.

Noch mehr Erholung finden Sie nach oder vor dem Museumsbesuch übrigens in der »Pardo‘s«, einer Bar, die sich am rückseitigen Eingang des Ständehauses befindet. Ihre Innenausstattung wurde vom kubanischen Künstler Joge Pardo entworfen und ist für sich schon mindestens eine Kaffeepause wert.

DUESSEL AQUA empiehlt allen Besucherinnen und Besuchern Düsseldorfs unbedingt einen Abstecher zum und ins Ständehaus. Egal, ob man ein Faible für die zeitgenössische Kunst hat oder nicht – es ist immer einen Besuch wert.

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